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Wohnungsmangel: Deutschland muss einfach viel mehr bauen

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278.000 im Jahr 2016 fertiggestellte Wohnungen waren bei Weitem zu wenig. Die Lücke zwischen zusätzlicher Nachfrage und Neubau ist weiter gestiegen, weil anders als in den Nullerjahren keine Leerwohnungsreserven mehr aufgebraucht werden können. Der damalige Betriebsunfall eines Überangebotes war entstanden – vor allem im Osten – durch überzogene Subventionen aus dem noch länger zurückliegenden Bauboom der späten 1990er Jahre. Das Motto damals: „Wohnung sucht dringend Mieter.“ Heute gilt: „Zu viele Mieter suchen dringend Wohnungen.

Mehr Bauland, keine steuerliche Neubauförderung

Es gibt jedoch keine wohnungspolitische Strategie, die den Übergang in einen neuen Marktausgleich ohne Spannungen und Preissteigerungen bewältigen kann. Auf die aus unterschiedlichen Gründen steigende Nachfrage gibt es nur die eine soziale Antwort: „bauen, bauen, bauen“. Damit die Preise dabei möglichst wenig steigen, müssen die Kosten niedrig bleiben und die Mengen steigen. Vor allem Badewannen statt Waschbecken voller Bauland müssen ausgewiesen werden, damit Grundstücke deutlich billiger werden.

Ohne eine drastische Ausweitung der Bauflächen verpufft auch eine steuerliche Neubauförderung sang- und klanglos in höheren Grundstückspreisen. Eine drastische Anhebung der Grundsteuer für unbebautes Bauland könnte zudem die versteckten Reserven mobilisieren.

Berlin, Köln oder Frankfurt haben genügend Platz für eine Ausweitung, andere Städte müssen durch einen besseren Anschluss des suburbanen Umlandes mehr Platz finden. Und generell muss das Leben auf dem flachen Land wieder attraktiver werden, damit die Landflucht gebremst und die Städte sowie deren Umland entlastet werden. Warum nicht eine Abschaffung des Soli in Abwanderungsregionen?

Energetisch hochwertiger Neubau verteuert (auch) die Mieten im Bestand

Der Neubau darf auf keinen Fall wie gegenwärtig noch immer mit überhöhen Auflagen und hohen, oft dubiosen Folgekosten belastet werden. Strikte Auflagen für noch lange Zeit unrentable Energieeinspars-Investitionen erhöhen die Mieten im Neubau. Das leichtfertige Argument: „Die können sich das ja leisten“ übersieht, dass die teuren Neubaumieten auch die Mieten im Bestand mitziehen, denn Wohnungssuchende konzentrieren sich dann automatisch auf preiswertere Bestandswohnungen.

Damit verbreiten sich Verteuerungen von Neubaumieten automatisch im Wohnungsbestand. Energieeinsparinvestitionen sollten in ihren unrentablen Teilen überall im Neubau und im Bestand subventioniert werden, um die Preissteigerungsprozesse zu kappen.

Wohnungen bekommen keine Kinder

Verteuerungen des Neubaus entstehen auch, wenn Investoren in großen Projekten Kosten für soziale Infrastruktur – z.B. für Kitas – durch Verträge übernehmen sollen. Solche Zurechnungen sind absurd, denn es sind ja nicht diese Wohnungen, die die Kinder bekommen. Kinderkosten müssen kollektiv finanziert werden – nicht zuletzt deshalb, weil Kitainvestitionen bei Zuzug von Familien in bestehende Wohngebiete (z.B. Prenzlauer Berg) ja auch aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert werden. Den dortigen Eigentümern wird die Vermietbarkeit ihrer Objekte verbessert, ohne dass sie zusätzliche soziale Infrastruktur mitfinanzieren.

Bei knappem Bauland verdrängen hohe Sozialwohnungs-Quoten die Mittelschicht

Auch alle Formen der Belastungen von frei finanzierten Wohnungen zugunsten von Sozialwohnungen im Rahmen größerer Projekte verteuern Neubaumieten, lenken Nachfrager in bislang noch preiswerte Bestände um, die dadurch teurer werden, und verdrängen Gering- wie Durchschnittsverdiener ins Umland. Dieser sozial gemeinte Modetrend sollte sich nicht weiter festsetzen.

Man kann sich nur wünschen, dass sich die Verantwortlichen von solchen schmuddeligen und unsozialen Finanzierungssystemen schon bald wieder eindeutig distanzieren und damit auch das Investitionsklima verbessern. Denn im Ergebnis führen sie zu einer sozialen Konzentration in der Stadt, die sich dann nur noch subventionierte Transferbezieher oder Einkommensreiche leisten können.

Sozialwohnungen: Entweder unbezahlbar oder unfair gegenüber wirklich Bedürftigen

Weil die Wohnungsknappheit sich immer schneller in die Mittelschicht hineinfrisst, ist der soziale Wohnungsbau gerade dabei, sich immer weiter von einer Prioritätensetzung zu entfernen. Dazu trägt insbesondere die Anhebung der Einkommensgrenzen bei, wie sie derzeit in vielen Ländern praktiziert wird. Dies verschlimmbessert allenfalls das Ausmaß der Förderlotterie und der im Zeitablauf zwangsweise entstehenden Fehlbelegung – der Gießkanneneffekt wird damit immer mehr zum Prinzip erhoben. Im Ergebnis macht eine derartige Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten die Objektförderung entweder unbezahlbar oder völlig unfair gegenüber den wirklich Bedürftigen.

Denn die festgeschriebenen Mietpreisschwellen der geförderten Neubauwohnungen liegen häufig oberhalb der angemessenen Richtwerte für die Kosten der Unterkunft bei Hartz IV-Beziehern, weil die Wohnraumförderung von Bund, Ländern und Kommunen hier nicht ineinander greifen. Für wen aber, wenn nicht primär für Grundsicherungsempfänger soll geförderter Wohnraum zur Verfügung gestellt werden?

Zielgerichtet unterstützen statt Nieselregenvorteil

Es ist bei Engpässen natürlich geboten, aus sozialen Gründen auch Mietern der Mittelschicht zu helfen – sofern sie die Knappheitsmieten nicht tragen können. Man könnte z.B. die Wohngeldanpassungen dynamisieren, ein Zusatzwohngeld für große Familien finanzieren, die größere Wohnungen benötigen, oder könnte Mietern, die große Wohnungen frei machen, eine Prämie gewähren.

Es wäre fair, den kommunalen Unternehmen zu ermöglichen, wirkliche Marktmieten zu erzielen und die zusätzlichen Erträge in sozial gezielten Hilfen zu investieren. Für diejenigen, die wirklich Hilfen brauchen, ist der jetzt versprochene Nieselregenvorteil in Kommunalwohnungen zu gering. Bei gegenwärtigen Umzügen in kleinere Wohnungen werden die höheren Quadratmetermieten des Neuvertrages die Einspareffekte der kleineren Fläche auffressen. Ein Umzug in eine kleinere Wohnung lohnt kaum noch. Der Wohnungsmarkt ist jetzt gleichsam eingefroren.

Fazit: nachhaltig sozialere Märkte etablieren

Jetzt müssen – das ist möglich! – nachhaltig sozialere Märkte durch effektiven Neubau geschaffen werden. Administrierte Preisdämpfungen im Bestand werden das Gegenteil erreichen. Auch die jetzt angedachten Subventionsprogramme sind weniger wirksam, als die Zahl der geförderten Wohnungen signalisieren.

Zwar werden die kommunalen Wohnungsunternehmen kräftig zusätzlich investieren können, doch die erhöhte Programmförderung verdrängt z.T. auch frei finanzierten Mietwohnungsbau. Die Mieten werden deshalb weiter steigen. Jetzt muss aber tatsächlich viel mehr gebaut werden – statt den aktuell 278 Tausend Wohnungen pro Jahr besser 350 oder 400 Tausend. Dann könnte der Mangel verschwinden. Kostensenkungen und günstige Investitionsbedingungen sind dabei Schlüsselstrategien.

Eine weitere Verschärfung von Mietpreis- oder Kappungsgrenzen dagegen – und sei es durch eine Ausbremsung des Mietspiegels – sollte erst gar nicht versucht werden. Hier werden Wählern Illusionen verkauft, die sie nach der deutschen Wohnungsmarktgeschichte vielleicht nur zu gern hören wollen. Deutschland braucht aber wohnungspolitischen Realismus, der durch günstige Investitionsbedingungen beachtliche Erfolge erzielen kann.

 

Quelle: FOCUS

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von factum
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